25.07.2018

Von Beginn an war klar: Unser Blockchain-Pilot sollte sich von vielen anderen dadurch unterscheiden, dass wir nicht im Labor oder in isolierter Testumgebung erproben, sondern in einem maximal praxisnahen Testbetrieb. Das heißt, wir haben ein wirklich großes Geschäftspartnernetzwerk etabliert und werden real existierende Lieferketten nutzen, um echte Ware auf echten Europaletten mittels echter LKWs von echten Werken zu Distributionszentren zu fahren – begleitet von den echten Daten, die für beauftragte Lieferungen und verkaufte Produkte generiert werden.

So weit, so gut. Wir haben mittlerweile den Prozess und alle beteiligten Rollen definiert, wir arbeiten an der Systemarchitektur und Governance-Fragen, an Mock-ups und Prototypen – aber wie sieht der Praxistest eigentlich konkret aus? Wie soll dieser genau ablaufen?

Mobile App, statt Zettel und Stift

Der Praxistest findet in der zweiten Oktoberhälfte statt und wird parallel zum regulären Tagesgeschäft der Unternehmen erfolgen. Das heißt: Alle Daten werden einerseits „ganz normal“ auf Papier - dem Palettenschein - erfasst und andererseits zusätzlich über unsere mobile, Blockchain-basierte Anwendung. Konkret: Über einen Zeitraum von zwei Wochen sollen alle Tauschvorgänge parallel in der Mobile App durch die Testteilnehmer erfasst werden. Ziel sind mindestens 1.000 Einträge pro Woche aller Paarungen, also vom Hersteller über den Logistik-Dienstleister bis hin zum Handel. Natürlich berücksichtigen wir auch den Pooling-Dienstleister, da dieser eine wesentliche Rolle in den bestehenden Wertschöpfungsketten spielt.

Jetzt geht es darum, die echten Supply Chain-Paare zusammenzuführen:

  • Wer liefert an wen?
  • Mit welchem Spediteur wird die Lieferung abgewickelt? 
  • Werden Europaletten eingesetzt? 
  • Wird mit Palettenscheinen gearbeitet? 
  • Verwalten die Tauschpartner Palettenkonten? 
  • Wie viele Lieferungen erfolgen pro Tag? 
  • Wie groß ist das Gesamtvolumen aller Tauschvorgänge von Europaletten mit allen Handelspartnern und Lieferanten pro Unternehmen? 
  • Gibt es operatives Personal vor Ort, das auch wirklich mitmacht? 
  • Muss die mobile Anwendung auch in anderen Sprachen als Deutsch zur Verfügung stehen (denn viele LKW-Fahrer kommen aus anderen Ländern)?
  • Laufen wir mit dem Termin im Oktober nicht zu sehr ins Weihnachtsgeschäft hinein?


Fragen über Fragen … Die Abbildung von realen Lieferketten im Praxistest stellt uns vor Herausforderungen!

Daher heißt es nun für uns: Wir müssen weg von der theoretischen Planung und hin zu den Projektteilnehmern, zu den Produktions- und Lagerhallen, direkt an die Rampen. Um sicherzustellen, dass alle Beteiligte auch die Voraussetzungen erfüllen sowie ein besseres Verständnis über die Abläufe und dem zur Verfügung gestellten Equipment bekommen, besuchen wir derzeit jeden einzelnen Teilnehmer des Praxistests. Hierzu zählen zum Beispiel Beiersdorf, dm-drogerie Markt, Dr. Oetker und Lekkerland.

Bei unseren Besuchen gehen wir zunächst mit den Unternehmen den Ablauf des Tests durch. Hierbei werden sowohl die organisatorischen als auch die technischen Voraussetzungen besprochen. Für den Testlauf müssen die operativen Rollen besetzt und dementsprechend eingewiesen werden. So zum Beispiel Logistikleiter, Systemadministrator, Fahrer, Mitarbeiter im Wareneingang und -ausgang sowie in der Belegabwicklung. Zudem wird ein direkter Ansprechpartner für alle Beteiligten benötigt, der bei Fragen während des Testlaufs jederzeit zur Verfügung steht. Zur Abwicklung erhalten alle Unternehmen mobile Endgeräte, eine mobile Web-Anwendung, die die Datenerfassung an der Rampe ermöglicht und ein "Pallet Portal", welches die Interaktion mit der Paletten-Anwendung für die Sachbearbeiter erlaubt.

Wer mit wem?

Im nächsten Schritt klären wir die möglichen Paarungen. Mit welchen Projektteilnehmern macht der Praxistest Sinn? Wo bestehen heute bereits Lieferbeziehungen? Wie hoch ist das Volumen an Lieferungen und Tauschvorgängen mit den möglichen Testpartnern? An welchen Standorten (zum Beispiel Werk oder Distributionszentrum) soll der Testlauf durchgeführt werden? Wie viele Tauchvorgänge finden an diesem Standort pro Tag statt? Ist das ermittelte Volumen ausreichend, um die 1.000 Einträge aller Tauschvorgänge der im Test beteiligten Paarungen zu erreichen?

Es sind eine Reihe von Fragen zu klären, um einen realitätsnahen Testbetrieb sicherzustellen. Aber das ist immer noch nicht alles: Wie wir bereits in den ersten beiden Workshops festgestellt haben, haben alle Projektteilnehmer ganz unterschiedliche Prozesse etabliert. Manche Unternehmen stellen die Palettenscheine bei der Be- oder Entladung an der Rampe aus und pflegen diese im Nachgang in Excel-Listen ein. Andere Unternehmen erzeugen die Palettenscheine im Wareneingangsbüro über ihr ERP-System und führen zeitgleich die Buchung auf dem entsprechenden Palettenkonto des Tauschpartners aus. Aus diesem Grund ist es notwendig, sich bei jedem Einzelnen die Vorgänge vor Ort am Wareneingang und -ausgang anzuschauen. Dabei ergibt sich für uns natürlich auch die eine oder andere komplette Werksbesichtigung – hochspannend!

In jedem Fall wird es ein „heißer Herbst“ für uns im Projekt! Wir glauben fest an den Wert unseren realitätsnahen Praxistests, der belastbare Erkenntnisse über die Stärken und Schwächen von Blockchain anhand echter Daten und echter Palettenbewegungen liefern soll.

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GS1 Germany

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