facebookfile-earmark-excelfile-earmark-pdffile-earmark-textfile-earmark-wordhamburgerinstagramlinkedinquotexingyoutube
Skip to main content

Den Mutigen gehört die Welt

1926 war der Yellowstone-Nationalpark, einer der ältesten seiner Art in den USA, aus dem Gleichgewicht geraten, weil ein wichtiges Tier fehlte: der Wolf. Die Letzten waren im Jahr 1926 erlegt worden. Die Folge: Das Wild vermehrte sich, sie fraßen junge Triebe ab, worauf Uferzonen verfielen und Flüsse erodierten. Die Landschaft geriet aus dem Gleichgewicht.

Erst viele Jahrzehnte später im Jahr 1995 wagte man ein Experiment. 14 Wölfe wurden im Park ausgesetzt, auf einer Fläche, die 11 Mal so groß war wie Berlin. Der Versuch ging auf: Ein Vierteljahrhundert später war der Park kaum wiederzuerkennen. Die Landschaft, die Tierwelt, ja sogar die Flüsse hatten sich erholt.

Warum?

Weil die Anwesenheit der Wölfe das Verhalten der großen Wildtiere veränderte. Sie mieden die Flussufer, junge Bäume und Sträucher konnten nachwachsen. Dadurch kamen Insekten und Singvögel zurück. Nager siedelten sich an, Füchse und Dachse folgten. Wo Gehölze wuchsen, fanden Biber Baumaterial, sie errichteten Dämme, woraufhin das Wasser langsamer floss und neue Lebensräume für Fische entstanden. Mit den Fischen kamen die Fischjäger: Otter, Adler – und schließlich auch die ersten Bären.

Alles war in Bewegung geraten, wuchs und gedieh.

Und das durch den Impuls von nur 14 Wölfen.

Was wir daraus lernen können: Es braucht nicht viele, um etwas und vielleicht auch etwas Größeres in Gang zu setzen. Was es braucht, ist Mut. Mut, etwas zu wagen, ein Experiment einzugehen, dessen Ausgang ungewiss ist in unserer heutigen von Komplexität und Mehrdeutigkeit geprägten Welt.

Denn wer wagt gewinnt, und wer Risiken eingeht, dem eröffnen sich neue Chancen. Oder wie wir es auch nennen können: Den Mutigen gehört die Welt. Ohne diesen Mut gäbe es keine Entdeckungen, keine Durchbrüche, keine Innovation. Jede:r von uns entscheidet sich jeden Tag neu, hat jeden Tag die Chance, mutig zu sein, Dinge zu verändern und damit Größeres in Bewegung zu setzen. Und dabei vielleicht auch mal etwas Verrücktes wagen, denn bisher haben vor allem die Ver-Rückten die Welt verändert, sind sie doch ihr Zeit voraus-gerückt.

Was steht dem entgegen? Unsere Bequemlichkeit? Halten wir das Ungewisse nicht aus? Wollen wir nicht ins Risiko gehen? Was wäre, wenn’s gut wird…

Dies bedarf beizeiten auch sicherlich ein bisschen die Unterdrückung des Me First-Reflexes – wobei es gleichzeitig natürlich auch sehr nachvollziehbar ist, in Phasen empfundener oder wahrhaftiger Krisen erstmal an sich selbst zu denken. Eine Übersteuerung dieses Reflexes – und da dürfen wir gerne einmal einen Blick in die Geschichte werfen – hat selten etwas Gutes hervorgebracht.

Der Erste Weltkrieg (1914–1918): Nationalismus, Machtstreben und Bündnis-Egoismen führten zum „Großen Krieg“. Die Kosten dieses „jeder für sich“-Denkens waren katastrophal: Millionen Tote, zerstörte Länder, eine ganze Epoche im Umbruch.

Die Weltwirtschaftskrise (1929–30er Jahre): Nach dem Börsencrash zogen sich viele Länder in Protektionismus zurück. „America First“ war damals schon ein Schlagwort. Jeder wollte die eigene Wirtschaft schützen. Die Folge: Der Welthandel brach dramatisch ein, die Krise verschärfte sich. Erst die internationale Kooperation nach dem Zweiten Weltkrieg brachte Stabilität.

Der Brexit (ab 2016): Großbritannien versprach sich von „mehr Eigenständigkeit“ Vorteile. In der Realität entstanden Handelshürden, Abwanderung von Unternehmen, wirtschaftliche Einbußen. Nationale Alleingänge schwächen, wo Zusammenarbeit stärkt.

Impfstoffnationalismus (2020/21): Viele Länder horteten Corona-Impfstoffe für die eigene Bevölkerung. Das Virus breitete sich dort, wo kein Impfstoff verfügbar war, weiter aus, mutierte – und kam zurück. Egoismus war auch hier keine Lösung.

Me First verschärft auch die Klimakrise: Wir verändern unser Verhalten nicht, weil es die anderen ja auch nicht tun. Unterm Strich bleibt, dass jeder Me First-Reflex den Weg zur Lösung verzögert oder gar verhindert.

Auch Unternehmen zahlen einen hohen Preis für Me First: Enron wollte nur den eigenen Profit – und zerstörte alles. VW versuchte, sich Vorteile zu erschummeln – und verlor Vertrauen weltweit.

Lehman Brothers verfolgte Eigeninteressen – und löste eine globale Krise aus. Kurzfristiger Egoismus zerstört langfristigen Erfolg.

Wenn uns das Muster doch eigentlich so klar ist, warum passiert es trotzdem tagtäglich? Bei uns als Individuen, bei Unternehmen, bei Staaten? Frisst die Gier unser Hirn?

So, jetzt hier aber keinen Kulturpessimismus, bitte!

Denn: kein Trend ohne einen Gegentrend. Dafür brauchen wir uns nur zu entscheiden, uns auf den zu Weg machen. Eine Bewegung des Gemeinsam-für-Mehr.

Zusammenarbeit ist kein Luxus, sie ist der Möglichmacher für Fortschritt. Das, was wir auf der Plattform von GS1 gemeinsam haben, ist ein extrem hohes Gut. Wir teilen Wissen, Ideen und Innovationen. Dafür gewähren wir Einblicke in unsere Prozesse, und auch dahin, wo es ggf. mal schmerzhaft ist. Wir lernen voneinander. Und wir entwickeln gemeinsam Lösungen, die nicht im Zweifelsfall, sondern im besten Fall das ganze Ökosystem stärken – auch in dem Wissen, dass das auch unseren Wettbewerber einschließt. Denn von starken, resilienten Liefernetzwerken profitieren wir alle. Das erfordert Mut. Mut, Vertrauen zu schenken. Mut, Neues auszuprobieren und auch Mut, mal einen Kompromiss einzugehen und sich gemeinsam als Sieger:innen zu fühlen. Mut, das eigene Ego auch mal ein bisschen hintenanzustellen.

Hierfür braucht es Innovator:innen und Wegbereiter:innen und vielleicht auch den ein oder anderen verrückten bis waghalsigen Impuls. Menschen, die zeigen, dass die besten Lösungen nicht bei einem Einzelnen entstehen, sondern im Momentum verschiedenster und vielleicht auch kontroverser Perspektiven.

14 Wölfe.

Jede:r von uns kann die Veränderung bringen, mit ein bisschen Mut, vielleicht auch mal einen MUTausbruch wagen.

Me First ist ein Trend, der uns klein macht, uns lähmt. Jede:r und wir gemeinsam können der Gegentrend sein. Den Mutigen gehört die Welt – und wir sind mutig genug, sie uns gemeinsam zu nehmen.

In diesem Sinne auf die gemeinsame Zukunft,

Ihr Thomas Fell