Ein langer Workshop zum Thema der Governance liegt hinter uns. Einen Tag lang haben wir uns in dieser Woche Gedanken gemacht, wie die Regeln für unser Blockchain-basiertes Paletten-Konsortium aussehen. Dabei sind 30 verschiedene Köpfe und Meinungen - teilweise komplett konträr – zusammengekommen. Es gab hitzige Diskussionen, Umwege, „dead ends“ und Aha-Momente. Wir waren eine gute Mischung aus Menschen – Theorie, Praxis, Technologie und Prozess – aber hatten dadurch auch die Herausforderung, alle Sichten unter einen Hut zu bekommen.
Kernthema den ganzen Tag über war: „Wer darf was“. Die meisten Themen drehten sich immer wieder um Vertrauen. Blockchain impliziert Vertrauen, jeder darf alles sehen – aber dann wird schnell klar, dass wir als beteiligte Unternehmen noch weit weg sind von dem Vertrauen und der Offenheit, Daten preiszugeben wie eine Blockchain das im Kern vorsieht. Volle Transparenz sagt sich leicht, macht sich aber nicht so leicht. Ein Blockchain-Konsortium aufzusetzen ist nicht nur Technologie, sondern ganz viel Kultur.
Mir wurde im Laufe unserer Diskussionen klar, wie groß der Mind-Change ist, der ansteht, wenn wir Blockchain ernsthaft nutzen wollen. Wir haben festgestellt, dass im heutigen Papier-Palettenschein viel Vertrauen steckt und dass der Schritt, all diese Informationen einer anonymen Datenbank anzuvertrauen, durchaus schwerfällt. Die Blockchain erzeugt eben doch nicht automatisch Vertrauen, sondern im Gegenteil: Es besteht erst einmal Misstrauen gegenüber der neuen, digitalen Technologie. Wir sind in einer Lernphase, und man muss bereit sein, sie zu durchlaufen.
Im ersten Schritt sprechen wir über PoC und verlaufen uns doch in Themen, die weit darüber hinaus gehen. Denn es ist extrem schwer, die Idee vom „eingeschränkten Scope“ durchzuziehen. Man macht sich schnell weitreichende Gedanken über potentiell operativen Betrieb. Wir wollen ja erstmal nur beweisen, was die Blockchain im Ladungsträgermanagement leisten kann – und haben dafür den vermeintlich einfachen Palettenschein genommen. Ein einfaches Stück Papier zu digitalisieren ist ganz schön abenteuerlich.
Bei Lekkerland wollen wir dieses Abenteuer aktiv bestreiten und sind gerne unter den Pionieren. Dazu gehört in der Haltung ein Stück weit Forschergeist, Neugier und Abenteuerlust. Und das Loslassen alter Strukturen. In jedem Fall ist Blockchain in Verbindung mit dem Palettenschein so vielschichtig, dass es keine einfache Lösung gibt. Es ist momentan noch schwer zu greifen, wohin uns unsere gemeinsame Reise führt. In der Innovationsarbeit bei Lekkerland haben wir den Ansatz, dass ein Plan so lange gut ist, bis er umgesetzt wird. Von daher können wir uns im Projekt auch nur Schritt für Schritt dem Thema Governance nähern – agil und iterativ.Wir werden nur im Doing herausfinden, was funktioniert und was nicht; was wir brauchen als Konsortial-Regeln und was nicht.
Unser gemeinsames Pilotprojekt war primär dazu gedacht, Technologie auf den Prüfstand zu stellen, aber unsere Diskussionen drehen sich viel mehr um das „Drumherum“. Die philosophische Komponente hat deutlich an Gewicht gewonnen. Wir haben im Rahmen des Workshops eine Vision entworfen für einen offenen Paletten-Marktplatz – uns war aber allen direkt klar: Dafür brauchen wir zehn Jahre, weil dahinter ein Kulturwandel und ein grundsätzliches Digitalisierungsthema stehen. Aber genau das wird ausschlaggebend dafür sein, ob Unternehmen in Zukunft gewinnen oder verlieren.
GS1 Germany
Schwerpunkt der Arbeit von Apostolos Couvaras sind logistische IT-Projekte. Er bildet die Schnittstelle zwischen Technologie und Business. Apostolos Couvaras ist Prozess-begeistert und fragt sich stets, wo Technologie helfen kann, Prozesse zu verbessern. Deshalb findet er es so spannend zu sehen, was die Blockchain tatsächlich bewirken kann. "Identify the essential, eliminate the rest" – das ist sein Motto.
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