Kund:innen kaufen nicht nur Produkte – sie suchen wertschätzende Zugehörigkeit, nahbaren Austausch und echte Verbindung. Wir haben am Rande des ECR Tag mit Dorothee Ebert, Partnerin Customer Consulting bei KPMG, über das gesprochen, was den Handel der Zukunft wirklich trägt: Gemeinschaft.
Dorothee Ebert: Indem sie sich von der reinen Optimierung hin zur echten Verbindung bewegen. Wir haben über Jahre gelernt, mit Daten, Touchpoints und KI die perfekte Journey zu bauen – aber keine Beziehung entsteht durch Technik allein. Zukünftig bedeutet Loyalität nicht mehr nur: Ich komme wieder, weil der Preis stimmt oder das Sortiment passt. Sondern: Ich bleibe, weil ich mich gesehen fühle.
Marken müssen wieder ein Gefühl von Verlässlichkeit, Nähe und Sinn erzeugen. Das heißt: nahbare Kommunikation, Räume für Austausch, gemeinsame Werte. Wer das schafft, macht aus Kund:innen echte Mitträger:innen einer Marke – nicht nur Käufer:innen. Es geht nicht um Kundenbindung im klassischen Sinne. Es geht um emotionale Bindung durch Zugehörigkeit.
Dorothee Ebert: Eine starke Community erkennt man daran, dass sie auch dann lebt, wenn nichts verkauft wird. Wenn Menschen sich austauschen, Ideen teilen, füreinander da sind – dann ist eine Marke mehr als ein Anbieter. Dann wird sie zum Möglichmacher. Was Communitys stark macht, ist nicht die Größe, sondern die Dichte. Die Tiefe der Verbindung. Das Vertrauen.
Im Konsumgüterbereich sehe ich besonders großes Potenzial: Menschen wollen nicht nur kaufen – sie wollen gestalten, mitreden, mit anderen verbunden sein. Wenn sie ihre Erfahrungen, Routinen oder Werte teilen können – etwa beim Thema Nachhaltigkeit, Gesundheit oder DIY – entsteht genau dieses Wir-Gefühl.
Starke Communitys brauchen dafür drei Dinge: einen klaren Purpose, echte Beteiligung und einen Raum für wiederkehrende Interaktion. Dann entsteht nicht nur Bindung, sondern Relevanz.
Dorothee Ebert: Auch wenn das Thema bei vielen Unternehmen noch am Anfang steht, gibt es einige Händler und Hersteller, die Community in ihrer DNA tragen. Ein tolles Beispiel ist dm-drogerie markt, bei denen Gemeinschaft zum Teil der Haltung gehört. Sie sprechen bewusst von Kundenverbindung, integrieren Kund:innen in die Produktentwicklung und schaffen Austauschräume rund um relevante Themen.
Ein weiteres Beispiel ist LEGO Ideas: Hier wird Co-Creation konsequent gelebt. Fans gestalten neue Produkte mit, stimmen ab, diskutieren. So wird aus Kundschaft eine Bewegung.
Auch bei vielen D2C-Brands steht die Community im Mittelpunkt – oft als größter Motor für weiteres Wachstum: Jack’s Beauty Line macht zum Beispiel ihre Kund:innen zu echten Botschafter:innen durch persönlichen Austausch, Transparenz und eine starke Wertebasis.
Daneben sehen wir bei vielen Sportlabels, wie Communitys sich treffen, beispielsweise zum gemeinsamen Laufen am Wochenende. Das gemeinsame Erlebnis steht im Mittelpunkt – der richtige Schuh nicht.
All diese Marken eint: Sie verstehen Community nicht als Add-on – sondern als Infrastruktur. Die Menschen sind keine Zielgruppe – sie sind Teil der Geschichte.

Dorothee Ebert ist Partnerin in einer führenden Unternehmensberatung, Strategin, Autorin und leidenschaftliche Beobachterin gesellschaftlicher Dynamiken. Seit über 15 Jahren arbeitet sie an der Schnittstelle von datengetriebener Customer Centricity und echter menschlicher Nähe. Sie ist davon überzeugt: Wer Kund:innen wirklich erreichen will, muss nicht nur Prozesse optimieren, sondern Beziehungen gestalten.